»Unmögliches« Antriebsprinzip: Die EMDrive-Sensation!
Andreas von Rétyi
Was sich da anbahnt, klingt nach einem technologischen Umbruch. Es ist eine jener typischen Geschichten zu Erfindungen, die anfangs nur Hohn und Ablehnung aus Fachkreisen ernteten, um dann glänzend bestätigt zu werden: Als der Ingenieur Roger J. Shawyer im Jahr 2003 seinen EMDrive vorstellte, wurde er großteils verlacht. Dann bestätigten unabhängige Forscher und sogar die US-Raumfahrtbehörde NASA die Ergebnisse. Einiger Geheimhaltung zum Trotz berichtete vor einigen Tagen ein Insider erstmals über weitere Erfolge.
Bis heute rätseln Physiker, wie und warum dieser neuartige Antrieb funktioniert: der EMDrive. Doch ändert die weitgehende Ratlosigkeit nichts daran, dass er augenscheinlich tatsächlich funktioniert. Dabei scheint er sogar im Widerspruch zur etablierten Physik zu stehen.
Die Natur allerdings schert sich kaum darum. Allein sie bestimmt die Regeln. Und manchmal reißt sie Barrieren ein, zugunsten neuer Wege und Chancen. Die Wissenschaftsgeschichte präsentiert sich voller Beispiele erbitterten Widerstands gegen radikal Neues und vermeintlich Unmögliches.
Natürlich wirft niemand altbewährte Konzepte so einfach über den Haufen, wenn kein triftiger Grund dafür existiert. Bedenklich aber wird es, wenn trotz schlagkräftiger Argumente wieder einmal »nicht sein kann, was nicht sein darf« und Dogmen wider Innovation und besseres Wissen siegen.
Auf dem Sektor alternativer Energie- und Antriebstechnologie sieht das nicht anders aus. Das begann schon mit der unfassbaren Geschichte des schier ewig rotierenden Rades von Johann E. E. Bessler, der als Scharlatan und Schwindler beschimpft und von seinen Gegnern schließlich sogar mittels völlig unlauterer Methoden in Misskredit gebracht werden sollte, weil niemand ihm Betrugnachweisen konnte.
Doch bis heute gilt Bessler allgemein als Schwindler oder einfach auch nur Verrückter. Die bedeutendsten Gelehrten seiner Zeit staunten, rätselten, sinnierten und waren vielfach begeistert von seiner Erfindung. Das phänomenale Rad wurde im Dauertest wochenlang versiegelt und lief ununterbrochen ohne äußere Energiezufuhr.
Bessler nahm sein Geheimnis mit ins Grab, hinterließ allerdings in seinen Schriften einige kryptische Botschaften. Ein wirklich krasser, mysteriöser Fall in der langen Geschichte außergewöhnlicher Erfinder.
Die klügsten Geister haben sich immer wieder gegen den Fortschritt gestellt, allein schon, um ihr eigenes Lebenswerk nicht zu gefährden. Häufig kamen und gingen Generationen, bis sich neues Denken durchsetzte.
Manchmal kann es aber (vielleicht) auch ein wenig schneller gehen. Vor etwas mehr als zehn Jahren präsentierte Roger J. Shawyer sein Konzept eines ungewöhnlichen elektromagnetischen Antriebssystems.
Shawyer ist Luft- und Raumfahrtingenieur. Er war zunächst für den militärischen Sektor tätig,arbeitete auch beim Konzern EADS Astrium. Zur Entwicklung des völlig neuartigen Antriebs gründete er 2001 dann ein eigenes Unternehmen, Satellite Propulsion Research Ltd (SPR). SeinEmDrive erregte bald öffentliches Aufsehen, weckte aber genauso auch vorwiegend Skepsis in der wissenschaftlichen Welt. Da schienen eben jene altbewährten Konzepte ins Wanken zu geraten, Newtons Gesetze außer Kraft gesetzt zu werden, geradezu buchstäblich.
Der neue Antrieb arbeitet mit Mikrowellen und kommt ohne das von Raketenmotoren genutzte Rückstoßprinzip aus. Das Ganze geschieht innerhalb einer geschlossenen Metallkammer. Von einem zylindrischen Element aus öffnet sich ein verkürzter Konus. Die Mikrowellen werden durch ihn hindurch und wieder zurück durch sein schmaleres Ende gesandt, um dabei einen asymmetrischen Druck auf die Wandungen auszuüben.
Im Endeffekt resultiert aus diesem System eine Kraft, die es so eigentlich gar nicht geben dürfte und die irgendwann in der Zukunft sogar als effektiver Antrieb für ein Raumschiff genutzt werden könnte.
So gering die Kraft in den gegenwärtigen Versuchen auch ausfällt, sie erschüttert die Fundamente der traditionellen Physik. Innerhalb eines derart geschlossenen Systems kann nach herkömmlichem Denken keine solche Antriebskraft zur Wirkung kommen. Irgendwie klang das alles tatsächlich nach Baron von Münchhausen, der sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf zieht. Eine amüsante und herrlich paradoxe Idee, mehr aber auch nicht. Oder doch?
Shawyer griff unter anderem auf Einsteins Relativitätstheorie zurück, um das Phänomen zu deuten. 2009 bestätigten auch chinesische Wissenschaftler den Effekt. Sie hatten ihre eigene Version des Shawyer-Antriebs gebaut und konstatierten eine Kraft von 720 Millinewton.
Auch die NASA begann sich mehr und mehr für die neue Technologie zu interessieren. Im August 2013 führte die US-Raumfahrtbehörde eine offizielle Studie zum EMDrive durch und veröffentlichte die Resultate nach eingehender Prüfung im Juni des folgenden Jahres. Diese Ergebnisse fielen ebenfalls positiv aus.
Doch genügte das nicht, um die internationale Fachwelt zu überzeugen. Außerdem blieb weiterhin rätselhaft, welche physikalischen Vorgänge hier wirkten. Natürlich wurde Energie eingespeist, aber warum wirkte da jene Kraft? Was trieb diesen Antrieb an? Auch die NASA konnte hierzu nurVermutungen äußern:
»Die Testergebnisse zeigen, dass das RF-Resonanzkammer-Design, das als elektrisches Antriebssystem einzigartig ist, eine Kraft erzeugt, die keinem klassischen elektromagnetischen Phänomen zugeschrieben werden kann und daher möglicherweise eine Wechselwirkung mit dem virtuellen Plasma des Quantenvakuums darstellt«, so hieß es seinerzeit, mit spürbarer Nähe zur Raumenergie, auch wenn es um unterschiedliche Effekte geht.
Viele Experten wiesen die experimentellen Messungen als unbrauchbar zurück und vermuteten eine Reihe von Fehlerquellen als Ursache der beobachteten Kraft.
In den vergangenen zwölf Monaten berichtete dann Paul March – als Ingenieur bei NASA Eagleworks selbst involviert – wiederholt über den Stand der Tests.»Eagleworks«, das ist der inoffizielle Name des Advanced Propulsion Physics Laboratory amNASA-Johnson-Raumfahrtzentrum.
Leitender Wissenschaftler dieses ungewöhnlichen Labors, das sich futuristischer Antriebstechnologie verschrieben hat, ist Dr. Harold G. White. Bei ihren Experimenten mit demEMDrive versuchten die Ingenieure selbstverständlich, die vermuteten diversen Fehlerquellen zu eliminieren, und experimentierten hierzu schließlich, wie March berichtete, auch erfolgreich im »harten Vakuum«.
Erst dieses Jahr erklärte der an der Technischen Universität Dresden tätige Plasmaphysiker Professor Martin Tajmar im Rahmen einer eigenen Testkampagne die Behauptungen zum EMDriveweder bestätigen noch zurückweisen zu können, doch bestehe die Intention in einer unabhängigen Bewertung möglicher Nebeneffekte bei den bislang verwendeten Messmethoden.
Nach Ausschluss vieler möglicher Fehlerquellen seien allerdings ebenfalls Schubwirkungen beobachtet worden, die eine weitere Untersuchung der Phänomene rechtfertigen sollten.
Vor wenigen Tagen meldete sich Paul March dann wieder auf dem NASASpaceFlight-Forum, um zumindest einige wesentliche Neuigkeiten preiszugeben, trotz strenger Restriktionen seitens derNASA. Die US-Weltraumbehörde schränkt gegenwärtig die Presseaktivitäten von Eagleworksdeutlich ein.
So entschuldigte sich March auch, nicht in der Lage zu sein, Fotos oder unterstützendes Datenmaterial vorzulegen. Eagleworks habe mittlerweile erfolgreich einen magnetischen Dämpfer der zweiten Generation gebaut, der zur Reduzierung von Streufeldern in einer Vakuumkammerbeiträgt.
Zwar identifizierte die Forschergruppe einige neue Probleme, doch die Bilanz war erneut positiv. Wie March es ausdrückt, produzierte die Maschine weiterhin »anomale Antriebssignale«, und das war doch das Bedeutendste.
Ebenso wichtig wäre es allerdings, das Augenmerk unter anderem auch endlich mehr auf die »Raumenergie« als potenziell schier unerschöpfliche, allerorts erreichbare Versorgungsquelle der Zukunft zu richten, gerade auch, wenn man an Ergebnisse denkt, wie sie hierzulande von Professor Claus W. Turturvorgelegt worden sind.
Um echte Durchbrüche zu erzielen, müssen zumeist erst Barrieren gesprengt werden!
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